Weißes Trikot, schwarze Hose, ein unermüdliches Laufpensum und großes Kämpferherz. So kennt man sie. Kerstin Stegemann hat mit gerade einmal 26 Jahren schon fast alles im Sporterreicht. In 109 Länderspielen wurde sie Weltmeisterin, zweimal Europameisterin, und dazu gab’s Olympia-Bronze. Doch die Nationalspielerin des FFC Heike Rheine hat noch eine zweite große Leidenschaft.

„So kennt mich von den Fußballerinnen keine“, sagt sie lachend, als sie das wärmende Trainingsoutfit der Nationalmannschaft kurzerhand abgelegt hat. Darunter kommen eine weiße Bluse und eine enge weiße Hose zum Vorschein. Schnell noch das dunkle Sakko übergestreift, die Kappe aufgesetzt, und fertig ist die andere Kerstin – die Reiterin.

Heute ist Turniertag. Mit Dolly, der Stute eines befreundeten Stallbesitzers, nimmt Kerstin Stegemann an einer Springprüfung für Jungpferde teil. Das Ziel ist eine Wertung um die 7 Punkte herum.
„Mädchen, die sich für Fußball und Reiten interessieren, diese Kombination gibt es eigentlich selten“, weiß Kerstin und fügt an: „Mein Vater wollte mir erst beides nicht erlauben, aber irgendwie habe ich mich doch durchgesetzt.“ Heute gehören ihr vier Pferde. Die Zuchtstute Pia, ihr einjähriges Fohlen Pico, Ruheständler Pan und ein Pony namens Rih. Der Stall steht praktischerweise im Garten ihres Elternhauses. Mitten in einer Siedlung im Rheiner Ortsteil Hauenhorst.

„Momentan bin ich wunschlos glücklich“, sagt sie, und man merkt es ihr an. Für ihre permanente gute Laune ist sie überall bekannt. Die habe sie schon gleich morgens nach dem Aufstehen: „Manchmal nerve ich die Leute damit.“ Um Abwechslung in ihren Trainingsalltag zu bringen, ist Kerstin gern auch mal auf dem Fahrrad oder auf Inline-Skates unterwegs. Oder sie geht Schwimmen. Auch das hat sie einmal leistungsmäßig betrieben, auch das mit Erfolg.

Als Jugendliche wurde sie im Vierkampf, bestehend aus Dressurreiten, Springreiten, Schwimmen und Laufen sogar Westfalenmeisterin. Ganz nach ihrem Lebensmotto: „Wenn ich etwas mache, dann mache ich es richtig. Ich möchte nie schlecht sein, weil ich faul war.“

Der Fußball steht für Kerstin klar an erster Stelle, und das wird wohl auch nach der aktiven Karriere so bleiben. Schließlich könnte sie – theoretisch – schon jetzt sogar einen Männer-Bundesligisten trainieren. Bereits mit 23 Jahren erwarb sie den Fußball-Lehrerschein, Abschlussnote 1,9.

Nicht ganz so gut bewegt sich Dolly durch den Spring-Parcours. Doch das war bei dem unerfahrenen Pferd auch nicht zu erwarten. Mit der Stilnote von 7,4 und nur einem Flüchtigkeits-Abwurf ist Kerstin Stegemann jedoch hoch zufrieden. Das Training mit den Pferden nimmt sie genauso ernst wie den Fußball, „aber hier habe ich keinen Druck. Wenn es mal nicht so klappt, ist das kein Problem.“

Fußball dagegen sei nun einmal ihr Beruf, finanziert von der Sportfördergruppe der Bundeswehr. Deshalb, so meint sie, passen ihre beiden größten Leidenschaften auch so gut zueinander. „Wenn ich sonntags nach einem Spiel nach Hause komme, wird das Pferd gesattelt und dann reite ich erstmal eine Stunde aus. Das bringt mir Ruhe und Entspannung.“

Und wenn es draußen wärmer wird, holt die Fußball-Weltmeisterin auch wieder ihr fünftes, das „eiserne Pferd“ aus dem Stall. Eine Kawasaki GPZ 500. Dieses Motorrad allerdings, muss sie mit bedauernder Miene zugeben, „kommt bei mir leider ein bisschen zu kurz.“ Was aber auch einen Vorteil hat, wie sie stolz betont: „Es sieht noch aus wie neu.“
(Autor: Heiko Jaeckel)

Katrin Böhm meinte am 17. Apr, 21:08:
Miss zuverlässig
Danke für das Portrait dieser herausragenden Spielerin. Für mich ist Kerstin Stegemann das "fleißige Bienchen" der Nationalelf. Ohne sie hätte es so manchen Treffer nicht gegeben. Ihr konstant gutes Spiel, Ihr Ballgefühl und nicht zuletzt Ihre Pass-Genauigkeit zeichnen sie aus. Und trotzdem bleibt sie immer bescheiden. Ich wünsche mir für die Zukunft noch mehr so angagierte Spielerinnen für Deutschland. Stege - Weiter so, auf daß Du der Natio und uns noch lang erhalten bleibst.